Kohle und Kirche auf der Kino-Leinwand: Neues Festival auf Anhieb erfolgreich
Dokumentarfilmer | |
Peter Benedix | |
Telefon: | 01 77/6 43 67 54 |
Website: | www.zuhausefilmfestival.de |
Jugend im Filmfieber?
Stand: November 2023
Das Fernsehen buhlt um junge Zuschauer. In Bernau gehen die Uhren offenbar anders. Dort strömen die Jugendlichen in großer Zahl ins „Kino“.
Dies zeigte das neu ins Leben gerufene „Spiel- und Dokumentarfilm-Festival“. Dort war die Vorführung von „In Between Fridays“ von Regisseur Maximilian Geschke im „Jugendtreff Dosto“ der absolute Hit des Festivals. Lag es daran, dass hier Pizza eine wichtige Rolle als Filmthema spielte oder, weil es um eine Gruppe jugendlicher Aussteiger ging? „Alle Plätze waren besetzt“, freut sich Peter Benedix über den Erfolg.
Gundermann als Sieger
Der 43-Jährige hat mit weiteren Filmenthusiasten ein Festival aus der Taufe gehoben, das der kulturfreudigen und aufstrebenden Stadt eine neue Nuance verleiht. Dazu wurde der Verein „Ereignishorizont e.V.“ gegründet. „Wir hatten die Auswahl unter 30 Produktionen, von denen zwölf zur Aufführung gekommen sind“, bilanziert Peter Benedix. Die Filme waren zum größten Teil im Kino in Bernau zu sehen.
Neben der Vorführung im „Dosto“ gab es noch den Film „Eine Hand die andere“, der im Saal des Evangelischen Gemeindezentrums lief.
Wettbewerbssieger wurde der Dokumentarfilm „Gundermann Revier“. Der Streifen von Grit Lemke thematisiert „den Osten“ anhand der Biografie des im Lausitzer Tagebau „singenden Baggerfahrers“ Gerhard Gundermann.
Schlüsselerlebnis „in der Kohle“
Damit schließt sich ein Kreis, denn das Lausitzer Kohlerevier brachte Peter Benedix dazu, seinem Leben eine neue Richtung zu geben.
Er stammt aus der „Lutherstadt Wittenberg“ und liebte seit jungen Jahren das Kino. Sein ursprünglicher Traum war es, Spielfilme zu drehen.
„Als ich per Zufall las, dass in der Lausitz für die Kohlegewinnung drei Dörfer abgebaggert werden sollten, dachte ich, das kann doch nicht sein!“
Benedix ging dem „Phänomen“ nach und erkannte zu seinem Entsetzen, dass dies gängige Praxis ist. „Das brachte mich darauf, Dokumentarfilmer zu werden“, erläutert er.
Heimat auf Zeit
Er erstellte die Langzeitdokumentation „Heimat auf Zeit“. Der Film in Kinolänge schaffte es auf eingängige Festivals und wurde schließlich vom Sender „rbb“ gezeigt.
Die Fortsetzung „BrückenJahre“ entstand im Rahmen eines Crowdfunding-Projekts. In seinem dritten Film nahm er seinen Heimatort „Lutherstadt Wittenberg“ zum Thema: „Dort wurde 2017 groß gefeiert, dass Martin Luther 500 Jahre vorher seine Thesen an das Portal der dortigen Schlosskirche geheftet hatte. Mich interessierte, wie man ein im Prinzip kirchliches Ereignis in einer Stadt begeht, in der nur 17 Prozent dort Mitglied sind“, verweist Peter Benedix auf einen sehr interessanten Aspekt.
Informatik ohne Beiwerk
Er betreibt Filmen im Nebenberuf. „Jede Arbeit ist eine
immense finanzielle Herausforderung. Ich versuche, die Kosten niedrig zu halten, indem ich mit eigener Technik arbeite und möglichst
viel selbst mache. Allerdings ist es mir wichtig, Mitwirkende fair zu bezahlen. Ich selbst arbeite aber kostenlos.“
Damit ist eine andere Geldquelle für den Lebensunterhalt nötig. Diese findet Peter Benedix als „Diplom-Ingenieur für Computervisualistik“. Das ist eine neue Fachrichtung, die man in Deutschland nur an zwei Universitäten studieren kann, nämlich in Koblenz und Magdeburg. „Dabei geht es im Grunde um Informatik ohne das langweilige Beiwerk.“
Abenteuer in Berlin
Nach dem Studium kam er im Öffentlichen Dienst unter und war für die Alzheimer-Forschung tätig. Doch dann packte ihn die Abenteuerlust. „Ich hatte 6 000 Euro auf dem Konto. Damit kann ich ein halbes Jahr durchkommen“, war er sich sicher.
Er machte sich nach Berlin auf, um hier sein Filmfieber ausleben zu können. „Ich fand schnell entsprechende Kontakte. Wir lebten in Prenzlauer Berg in einem preiswerten Altbau mit Ofenheizung. Als sich Nachwuchs ankündigte, war klar, dass wir etwas Größeres finden müssen“, waren sich er und Ehefrau Julia Benedix einig. Die Lösung brachte ein Grundstück am Rande von Schönow, dort wo sich „Fuchs und Hase gute Nacht sagen“. Das ist jetzt ein absolutes Paradies für die beiden
Kinder.
Guter Ton für den Bundestag
Mittlerweile hat Peter Benedix ein komplexes Computerprogramm für Veranstaltungen erarbeitet. „Es wird bei Shows eingesetzt und im Bundestag verwendet“, erläutert er.
Während das erste Filmfestival unter dem Thema „Willkommen Zuhause“ stand, wird am Motto für die Fortsetzung 2024 noch gefeilt. Dabei ist klar, dass sich in Bernau jeder zuhause fühlen kann, weswegen die Stadt, deren Stadtwerke sowie örtliche Unternehmen die neue Kulturveranstaltung gerne fördern.